Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,

Was für ein Jahr!

Da so wahnsinnig viel passiert ist, habe ich mich zwischen den Jahren mal hingesetzt und einen Jahresrückblick zusammengestellt.

Corona war natürlich ein Thema, dass auch meine Arbeit stark bestimmt hat, konkret die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, soziale Ungleichheit und Armut. Die Pandemie hat dabei in dem viel zitierten Brennglas die Schwächen und Lücken der sozialen Sicherung deutlich gemacht. Leider hat es die Bundesregierung versäumt, daraus Konsequenzen zu ziehen, so wie sie es auch versäumt hat, sich ausreichend um die Schwächsten in der Gesellschaft zu kümmern: Die Armen, die Grundsicherungsbeziehenden, die Wohnungs- und Obdachlosen, Familien und Kinder, aber auch Solo-Selbständige, freiberuflich Tätige, Künstlerinnen und Künstler, um nur einige Gruppen zu nennen. Hier müsste kurzfristig mehr getan werden, vor allem müssen Schlussfolgerungen für die Zeit nach Corona gezogen werden.

Corona war aber nicht das einzige. So hat Deutschland im zweiten Halbjahr die EU-Ratspräsidentschaft inne gehabt, bei der eigentlich das Thema Soziales Europa eine wichtige Rolle hätte spielen sollen. Leider ist am Ende nicht viel dabei herausgekommen. Auch hier muss in den nächsten Jahren mehr auf dem Weg zu einer Sozialunion passieren. Für uns Grüne war außerdem die Debatte um das Grundsatzprogramm wichtig. Corona darf uns ja nicht vergessen lassen, dass wir uns in einer Zeit großer Veränderungen befinden: der notwendige ökologische Umbau, die Digitalisierung und die demographische Entwicklung, um nur die wichtigtsten zu nennen. Besonders gefreut habe ich mich natürlich, dass der Änderungsantrag zum Grundeinkommen, den ich mit Sven Lehmann eingebracht habe, in einer Kampfabstimmung mit großer Mehrheit angenommen wurde. 

Es ging aber im letzten Jahr auch um die Weiterentwicklung und Konkretisierung weiterer Konzepte für die Zukunft und die nächste Legislaturperiode. Ende des Jahres hat die Bundestagsfraktion ein von mir federführend erarbeitetes Konzept zur Garantiesicherung beschlossen, mit der wir Hartz IV überwinden wollen. Im Bundestag spielten für mich aber auch unsere Konzepte zur Arbeitsversicherung, zur Weiterbildung und zur Kindergrundsicherung immer wieder eine wichtige Rolle. All diese Grünen Konzepte sind nicht nur Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft, sondern wären auch Antworten auf Probleme der Corona-Krise gewesen.

Last but not least darf in dieser Zeit nicht vergessen werden, dass Millionen Menschen auf der Welt auf der Flucht sind, die immer noch über das Mittelmeer kommen oder insbesondere in Griechenland in menschenunwürdigen Zuständen leben müssen.

Da soviel passiert ist, hier eine Gliederung zu meinem Jahresrückblick:

  1. Grundeinkommen
  2. Garantiesicherung
  3. Arbeitsmarkt (Arbeitsversicherung, Kurzarbeit, Solo-Selbständige, neue Antworten auf die Coronakrise, Weiterbildung) 
  4. Soziales Europa
  5. Wohnungs- und Obdachlosigkeit
  6. Familienentlastung / Kindergrundsicherung
  7. Sonstiges zu Sozialpolitik und Ungleichheit
  8. Sonstiges (Geflüchtete, A 49)

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen meines Jahresrückblicks und alles Gute für das kommende Jahr!

Ihr/Euer

Wolfgang Strengmann-Kuhn

 

Allen, die sich laufend über meine Aktivitäten informieren wollen, empfehle ich meine Facebook-Seite:

https://www.facebook.com/wolfgang.strengmannkuhn

und/oder folgt mir auf Twitter:

http://twitter.com/w_sk

Ständig aktuelle Informationen zu Grüner Sozialpolitik sowie zur Sozialpolitik im Allgemeinen gibt es unter dem Twitteraccount @gruen_sozial:

http://twitter.com/gruen_sozial

Grundeinkommen

Die Debatte um das Grundeinkommen hat 2020 einen kräftigen Schub erhalten, denn die Corona-Krise hat deutlich gemacht, wie gut es wäre, wenn wir ein Grundeinkommen hätten. Hinzu kamen noch die positiven Ergebnisse aus dem Grundeinkommensexperiment in Finnland (siehe dazu mein Gastbeitrag in FR sowie meine Veranstaltung mit Jürgen Schupp vom DIW).

Für uns Grüne wäre die Debatte ums Grundeinkommen 2020 ohnehin wichtig gewesen, weil auch ohne Corona klar war, dass das eine der kontroversen Punkte bei der Debatte um das Grüne Grundsatzprogramm werden würde. Umso mehr freue ich mich, dass in dem Teil zur Grünen Garantiesicherung der Satz "Dabei orientieren wir uns an der Leitidee eines Bedingungslosen Grundeinkommens" mit großen Mehrheit ins Grundsatzprogramm aufgenommen wurde.

Garantiesicherung

Kurz vor Weihnachten haben wir nach einem längeren Arbeitsprozess in der Bundestagsfraktion ein Positionspapier mit unserem Konzept zur Garantiesicherung beschlossen, mit der wir Hartz IV überwinden wollen. Gleichzeitig haben wir auch einen Antrag dazu beschlossen, den wir in den Bundestag einbringen werden. Schon vor der Sommerpause haben wir ein Positionspapier zur Neuberechnung der Regelsätze beschlossen, was ein wichtiger Baustein der Garantiesicherung ist.

Arbeitsmarkt

Wir stehen vor einem Jahrzehnt der Veränderungen - Digitalisierung, ökologischer Umbau der Wirtschaft und demografischer Wandel werden erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Wir haben deswegen zu Beginn des Jahres einen Antrag "Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln" in den Bundestag eingebracht, in dem auch wesentliche Teile unseres Positionspapiers "Weiterbildung garantiert" eingeflossen sind.

Und dann kam Corona ...

Im Zentrum der Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung stand dabei das Thema Kurzarbeit, bei dem wir die Regierung vom Grundsatz her unterstützt haben und es hat sich auch gezeigt, dass die Kurzarbeit dafür gesorgt hat, Erwerbstätige in Beschäftigung zu halten und dadurch den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu begrenzen.

Soweit so gut, aber:

  • Erstens reicht das Kurzarbeitergeld für Menschen mit geringen Einkommen nicht aus, wenn die Arbeitszeit auf Null reduziert wird, deswegen haben wir das Konzept eines "Kurzarbeitergeld Plus" mit einer höheren Lohnersatzrate für Menschen mit geringen Einkommen entwickelt.
  • Zweitens ist das Kurzarbeitergeld keine Hilfe für Selbständige. Insbesondere Solo-Selbständige, freiberuflich Tärige und Künstler*innen wurden in der Corona-Krise unzureichend unterstützt. Auch der verbesserte Zugang zur Grundsicherung hat für diese Gruppe nicht ausgereicht.
  • Drittens hilft Kurzarbeit zwar Erwerbstätige in Beschäftigung zu halten, aber nicht Menschen (wieder) in Beschäftigung zu bringen. Um das zu erreichen braucht es neue Antworten in der Corona-Krise, damit sich Arbeitslosigkeit nicht verfestigt und vor allem junge Menschen trotz Corona ein Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglicht wird.
  • Last but not least wäre es viertens wichtig gewesen, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit in der Krise stärker mit Weiterbildung zu verknüpfen, um die Menschen jetzt schon besser auf die Veränderungen der Zukunft nach Corona vorzubereiten.

Unser Konzept einer Arbeitsversicherung als Antwort für die Herausforderungen der Zukunft wäre auch gut für die Corona-Krise gewesen. Mit der Arbeitsversicherung hätten auch Selbständige und Menschen mit einem Minijob einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld und Weiterbildung würde stärker gefördert worden.

Soziales Europa

Deutschland hatte in der zweiten Jahreshälfte 2020 die EU-Ratspräsidentschaft inne. Mein Jahresrückblick 2020 zum Thema "Soziales Europa" fängt deswegen schon im Jahr 2019 an, in dem wir den Antrag "Für ein Europa das schützt - Soziale Absicherung europaweit garantieren" in den Bundestag zur ersten Lesung eingebracht und im Dezember 2020 mit der zweiten Lesung abgeschlossen haben.   

Eigentlich sollte Soziales Europa auch ein Schwerpunkt der Bundesregierung bei der Ratspräsidentschaft sein mit durchaus sinnvollen Zielen, auch wenn die Forderungen aus unserem Antrag weitergehen. Aber auch gemessen an den Zielen der Bundesregierung waren die Ergebnisse sehr dürftig. Zu einer Bilanz des Erreichten siehe hier.

Corona hat natürlich auch die Europäische Ratspräsidentschaft überschattet. So müssen bei so grenzüberschreitenden Thema natürlich auch die Lösungen europäisch und solidarisch sein. Außerdem hat Corona ein zusätzliches Thema (wieder) auf die Tagesordnung gesetzt, nämlich die Frage der Ausbeutung von Arbeitnehmer*innen aus dem EU-Ausland in Deutschland. Eigentlich traurig, dass das es erst durch die Corona-Ausbrüche bei Tönnies zum Thema wurde, aber gut, dass es zumindest für die Fleischbranche in Deutschland eine Lösung gibt, die wir auch unterstützt haben, auch wenn sie durch den massiven Lobbyismus der Fleischindustrie bei Teilen der CDU/CSU verzögert und noch ein bisschen (aber glücklicherweise nur ein bisschen) abgeschwächt wurde. Das Problem geht aber über die Fleischindustrie (siehe den Bericht zu einem Öffentlichen Fachgespräch dazu im Mai 2019) und über Deutschland hinaus. 

 

 

Wohnungs- und Obdachlosigkeit

Von der Coronakrise sind Obdachlose besonders betroffen. Wir haben deshalb im Mai einen Antrag für ein Aktionsprogramm für Obdachlose in der Corona-Krise und im Juli noch einen Antrag für bessere Unterstützung für Jugendliche und junge Erwachsene, die von Wohnungs- und Obdachlosigkeit betroffen sind, in den Bundestag eingebracht. Die Bunderegierung muss endlich - nicht nur in Coronazeiten - auch für diese Gruppe aktiv werden. Ziel muss sein, dass niemand in Deutschland auf der Straße leben muss.

 

 

Impressum

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn MdB - Platz der Republik 1 - 11011 Berlin.

Den Newsletter abonnieren oder abbestellen: 

http://www.strengmann-kuhn.de/newsletter.html