Der wirtschaftliche Erfolg in unserem Land kommt bei vielen Menschen nicht an. Weder die Einkommen noch die Zukunftschancen sind fair verteilt. Die wirtschaftliche Prosperität kann allzu oft nur auf Kosten von Mensch, Natur und Umwelt erhalten werden. Ein umfassender Wohlstandsbericht, in dem neben ökonomischen auch ökologische, soziale und gesellschaftliche Entwicklungen anhand messbarer Kriterien dargestellt werden, hilft dabei, die Debatte über Fehlentwicklungen und politische Handlungserfordernisse zu versachlichen und zu intensivieren.
Wohlstand ist mehr als BIP-Entwicklung
Der grüne Wohlstandsbericht mit seinem vierdimensionalen Indikatorenset ist wesentliche Voraussetzung für gute Politik und damit ein zentrales wirtschaftspolitisches Thema. Dazu ist es hilfreich, sich noch mal die wesentlichen Kritikpunkte am Bruttoinlandsprodukt zu vergegenwärtigen:
- Der Abbau von Ressourcen und die Zerstörung von Natur- und Sozialkapital sind im BIP nicht berücksichtigt. Während Unternehmen beispielsweise den Rückgang von eigenen Bodenschätzen den Gewinnen gegenüberstellen und Abschreibungen vornehmen, macht der Staat dies bisher nicht.
- Reparaturmaßnahmen von Umweltschäden sind eigentlich Kosten, die lediglich den Status quo wiederherstellen, der vor der Umweltschädigung existierte. Sie erscheinen aber im BIP als Steigerung, obwohl niemand ernsthaft behaupten würde, dass beispielsweise die Ölpest im Golf von Mexiko ausgelöst von der Bohrplattform Deep Water Horizon zu einer Wohlfahrtssteigerung beigetragen hätte.
In unserem Ansatz geht es um harte ökonomische Fakten. Wir berücksichtigen auch Natur- und Sozialkapital, dessen Verfügbarkeit zum einen natürlich ein Wert an sich ist, zum anderen aber auch elementar für wirtschaftlichen Erfolg ist.
Der Prozess der Bundesregierung "Gut Leben in Deutschland" hilft nicht weiter
Der Ansatz der Bundesregierung birgt die Gefahr, dass er das bestehende Set der Indikatoren der bundesdeutschen Nachhaltigkeitsstrategie relativiert und alternative, wohlfahrtsbezogene und gemeinwohlorientierte Indikatorenkonzepte geradezu konterkariert.Sollte sich eine Strategie durchsetzen, bei der Indikatoren auf der gesellschaftlichen Mikroebene - die auf Zufriedenheit mit dem privaten und beruflichen Leben sowie das unmittelbare Lebensumfeld fokussiert - eine dominierende Rolle bekommen, dann würden Prozesse und Strategien der nachhaltigen Entwicklung auf der politischen Makroebene tendenziell an den Rand der öffentlichen Aufmerksamkeit gedrängt werden.
Der Grüne Wohlstandsbericht soll jährlich zeitgleich mit dem Jahreswirtschaftsbericht veröffentlicht werden
Der nun vorliegende grüne Wohlstandsbericht ist der Start einer regelmäßigen Untersuchung des Wohlstands in Deutschland. Der nächste Bericht wird Anfang des Jahres 2017 erscheinen. Längerfristiges Ziel ist es, den traditionellen Jahreswirtschaftsbericht und den Jahreswohlstandsbericht zu einer neuen Berichtsform zu verschmelzen.