Bericht von der Anhörung zum 5. Armuts- und Reichtumsbericht vom 19.06.2017

Am 19. Juni 2017 lud der Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags zu einer öffentlichen Anhörung zum 5. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung ein. Dieser wurde kürzlich vom Kabinett verabschiedet und veröffentlicht. Die grüne Bundestagsfraktion hat hierzu Ende Mai 2017 den Antrag „Teilhabe statt Armut – Alle Menschen am Wohlstand beteiligen“ in den Bundestag eingebracht.

KINDERARMUT: EINES DER DRÄNGENDSTEN PROBLEME

Die Fachleute waren sich einig: Die Bundesregierung muss dringend Konsequenzen aus ihrem Bericht ziehen. Die Sachverständige Barbara Eschen, Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz (NAK) bekräftigte, dass die grüne Bundestagsfraktion den richtigen Blick auf das Thema hat. Gute Arbeit für alle, armutsfeste Löhne sowie die zuverlässige Gewährleistung des soziokulturellen Existenzminimums, insbesondere für Kinder, seien notwendig und vordringlich. Auch der Sachverständige des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, Dr. Holger Stichnoth, unterstrich, dass es erforderlich sei, die bestehenden familienpolitischen Leistungen anzupassen, Kinderarmut nachhaltig zu bekämpfen und zu vermeiden. „Die Vorschläge zur Kindergrundsicherung und zum Kindergeld-Bonus sind zu begrüßen, ebenso wie die Idee, die neue Kindergrundsicherung als Hebel zur Einführung eines Realsplittings einzusetzen.“ Auf diesem Weg könnten Familien mit kleinen und mittleren Einkommen entlastet und viele Familien aus der Armut herausgeführt werden. Wichtig und richtig sei es zudem, den Zugang zu Bildung und bezahlbarem Wohnraum weiter zu verbessern und auch Maßnahmen zum Abbau der starken Ungleichverteilung der Vermögen zu ergreifen. Der nächste Armuts- und Reichtumsbericht müsse sich noch viel intensiver mit der Beleuchtung des Reichtums beschäftigen, insbesondere dem Zusammenspiel von Vermögen, Erbschaften und Schenkungen. Armut: Gehört in den Fokus der Politik.

Der Armuts- und Reichtumsbericht leistet hierzu seinen Beitrag. Er kann aber noch besser werden.Klare Kritik richtete sich an die Bundesregierung. Aus Sicht der Sachverständigen reiche es nicht, lediglich zu dokumentieren und Ziele unverbindlich festzuhalten. Es sei zudem sehr bedauerlich, dass die Bundesregierung ihren Bericht bisher nicht im Plenum des Deutschen Bundestages zur Debatte gestellt habe. Für die Menschen in diesem Land sei das Thema Armut sehr wichtig. Das Parlament müsse diesem Thema den Stellenwert und die Aufmerksamkeit zukommen lassen, die dieses Thema verdiene. Das wird von uns ausdrücklich unterstützt. Auch wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie der öffentlichen Debatte im Plenum nicht ausweicht.

BUNDESREGIERUNG: MUSS STRATEGIE GEGEN ARMUT VORLEGEN

Auch für die Anlage des nächsten Berichts ist diese Debatte wichtig. Immer noch beschäftigt sich die Bundesregierung zu wenig mit den Ursachen und dem Ausmaß von verdeckter Armut, es fehlt eine amtliche Wohnungslosenstatistik. Die persönliche Sichtweise der Betroffenen findet zu wenig Eingang in den Bericht. Nicht zuletzt: Es fehlt an Untersuchungen und damit auch an klaren Schlussfolgerungen, wie und mit welchen Maßnahmen Armut und soziale Ausgrenzung vermieden und nachhaltig bekämpft werden kann; insbesondere, wenn diese sich schon verfestigt hat – wie etwa bei Langzeitarbeitslosen.Für eine lebendige Demokratie und einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt braucht es die stetige Debatte und eine schlüssige Strategie gegen Armut. Die grüne Bundestagsfraktion ist auf dem richtigen Weg. Das hat die Anhörung gezeigt.