Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat heute die Petition von Inge Hannemann, die sich gegen die Sanktionen bei Hartz IV richtet, ohne jegliche Konsequenzen abgeschlossen. Beate Müller‑Gemmeke, grüne Berichterstatterin im Petitionsausschuss, und Dr. Wolfgang Strengmann‑Kuhn, Sprecher für Sozialpolitik, erklären dazu:
Der Petitionsausschuss lässt die Hartz-IV-Beziehenden im Regen stehen. Mit einem Federstrich machten die Abgeordneten von Union und SPD heute ein Häkchen an die Petition gegen die Sanktionen und erklärten sie für erledigt. Dabei hatten vor zwei Jahren rund 90.000 Menschen die Petition der ehemaligen Job-Center-Mitarbeiterin Hannemann mit ihrer Unterschrift unterstützt, mit der sie die Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV forderte.
Schon bei der geplanten Reform zur Rechtsvereinfachung ist selbst eine Beseitigung der größten Missstände bei den Sanktionen am Widerstand der CSU gescheitert. Auch der Petitionsausschuss ist nun eingeknickt. Und dies, obwohl sich die meisten Experten aus Wissenschaft und Verbänden längst einig sind, dass eine Entschärfung der Hartz-IV-Sanktionen dringend notwendig ist. So sollten vor allem die auch verfassungsrechtlich problematischen Sonder-Sanktionen für unter 25-jährige gestrichen und die Kürzungen der Wohnungskosten unterlassen werden. Doch der Dauerstreit in der Großen Koalition machte dem einen Strich durch die Rechnung. Und die Abgeordneten der Regierungskoalition im Petitionsausschuss ignorieren das Anliegen der Petition.
Dabei ist längst klar: Überharte Sanktionen machen keinen Sinn. Wer Druck ausübt, motiviert nicht. Im Gegenteil, Sanktionen führen oft zu Isolation und sozialem Rückzug. Die meisten Sanktionen werden zudem aufgrund von Meldeversäumnissen ausgesprochen. Gleichzeitig stehen Aufwand und Nutzen von Sanktionen in keinerlei Verhältnis zueinander. Inge Hannemann hatte schon in der öffentlichen Anhörung vor zwei Jahren erklärt, dass die Sanktionen äußerst verwaltungsaufwändig sind. Da wäre eine Rechtsvereinfachung wirklich angebracht.
Wir brauchen eine Grundsicherung, die die Sicherung des Existenzminimums in den Mittelpunkt stellt und die bei der Arbeitsmarktintegration auf Motivation, Hilfe und Anerkennung statt auf Bestrafung setzt. Deshalb müssen die verschärften Sanktionen für Menschen unter 25 Jahren unverzüglich abgeschafft werden. Zudem muss der Grundbedarf bei den Sanktionen ausgenommen werden. Die Abschaffung dieser Sanktionen reicht uns aber nicht aus. Wir wollen, dass die Sanktionen ausgesetzt werden bis sie umfassend überprüft worden sind und neue faire Regeln eingeführt wurden. Wir brauchen ein Wunsch- und Wahlrecht der Arbeitsuchenden in den Jobcentern sowie Ombudsstellen, um Konflikte frühzeitig, unter Vermeidung von unnötigen und teuren Gerichtsverfahren und auf Augenhöhe zu lösen. Die Jobcenter müssen auf partnerschaftliche Zusammenarbeit setzen und das ist mit den heutigen Sanktionsregeln und Sanktionsautomatismen nicht vereinbar.