Pressemitteilung | 10.02.2019

Zum SPD-Sozialstaatskonzept: Überfällig, aber mit deutlichen Lücken

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Zum SPD-Beschluss über ein Sozialstaats-Reformprogramm erklären Sven Lehmann, Sprecher für Sozialpolitik und Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik:

Das Vertrauen in unsere sozialen Sicherungssysteme muss wieder gestärkt und Menschen in allen Lebenslagen endlich effektiv vor Armut geschützt werden. Dass nun auch die SPD Vorschläge für eine Reform der sozialen Sicherung auf den Tisch legt, ist gut und überfällig, auch wenn ihr Konzept deutliche Lücken aufweist.

Vor allem fehlt der SPD offenbar der Wille zu einem klaren Schnitt mit Hartz IV. Ein neues Etikett „Hartz IV heißt jetzt Bürgergeld“ reicht nicht. Viele Vorschläge sind neuverpackte Minimaländerungen, die zentrale Ungerechtigkeiten in der Grundsicherung ignorieren. Wer an Sanktionen unter das Existenzminimum festhält, nimmt soziale Härten wie Wohnungslosigkeit und Stromsperren in Kauf. Sanktionen machen Menschen erpressbar und sind ein Grund für den prekären Niedriglohnsektor.

Dass der Regelsatz in der Grundsicherung nicht steigen soll, ist ebenfalls völlig inakzeptabel. Der jetzige Regelsatz ist politisch kleingerechnet und nicht armutsfest. Nach Berechnungen aus Wissenschaft und Verbänden müsste er deutlich höher liegen, um ein Leben in Würde zu ermöglichen.

Es ist richtig, für einen höheren Mindestlohn, für bessere Tarifbindung und gegen ein Ausufern der Minijobs zu einzutreten. Damit unsere sozialen Sicherungssysteme wirklich ein Leben in Würde garantieren, braucht es aber konkrete Maßnahmen auch für Menschen, die jetzt arm sind. Teilhabe ist für jede und jeden ein Grundrecht. 

Wir Grüne wollen Hartz IV überwinden und eine sanktionsfreie Garantiesicherung schaffen, die Teilhabe in allen Lebenslagen ermöglicht und die dafür sorgt, dass Hinzuverdienst immer belohnt wird. Und Menschen sollen ein individuelles Recht auf Weiterbildung bekommen. Angesichts der sich verändernden Arbeitswelt muss der Sozialstaat sein Sicherungsversprechen erneuern. Das geht nur als Partner auf Augenhöhe.

Wir Grüne treten schon lange für eine Kindergrundsicherung ein, die automatisch und unbürokratisch allen Kindern zugute kommt und damit gerade ärmere Familien stärkt. Auch die SPD-Grundrente ähnelt sehr der Grünen Garantierente. Der SPD-Beschluss zeigt aber auch deutliche Lücken. So fehlt bei der Grundrente die Perspektive Bürgerversicherung und bei der Arbeitslosenversicherung wäre eine Verbesserung des Zugangs wichtiger als die Verlängerung der Bezugsdauer."