Pressemitteilung | 29.04.2019

Für ein starkes soziales Europa und eine lebenswerte Gesellschaft

Zum 1. Mai erklären Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte, und Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für europäische Sozialpolitik:

Sozialpolitik muss nicht nur national, sondern auch europäisch gedacht werden. Wir wollen den Zusammenhalt der Europäischen Union wieder stärken, indem wir das Wohlfahrtsversprechen der EU erneuern. In Europa sollen alle Menschen ein würdevolles Leben führen können. Voraussetzung dafür sind verlässliche soziale Rechte.

Wir brauchen daher ein starkes soziales Europa, das für soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz sorgt und Ausgrenzungen, Armut und Diskriminierung bekämpft. Deshalb muss das EU-Recht endlich den sozialen Rechten und den Rechten von Beschäftigten den gleichen Stellenwert einräumen wie den wirtschaftlichen Freiheiten des EU-Binnenmarktes. Wir brauchen Grundsicherungssysteme in allen Mitgliedsstaaten, um allen Menschen in der EU ein soziales Netz zu garantieren. Und wir brauchen in den Staaten der EU Mindestlöhne, die dafür sorgen, dass die Menschen von ihrer Arbeit gut leben können. Auch das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ muss durchgesetzt werden. Nur so gibt es fairen Wettbewerb und gute Lebensbedingungen für alle. Notwendig ist auch mehr Partizipation der Beschäftigten in Europa. Deshalb sollen die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten europaweit harmonisiert und gestärkt werden.

Was für die EU gilt, wollen wir auch in Deutschland: Auch hier müssen Gewerkschaften und Betriebsräte gestärkt werden, damit sie auch in schwierigen Branchen Tarifverträge durchsetzen können. Denn derzeit arbeiten mehr als 20 Prozent aller Beschäftigten unter prekären Bedingungen. Sie arbeiten als Leiharbeitskraft, haben einen Minijob, sind befristet angestellt oder arbeiten auf Abruf. Wir brauchen endlich gerechte Löhne und mehr gute Arbeit. Der Mindestlohn muss spürbar steigen. Wir fordern Equal Pay ab dem ersten Tag in der Leiharbeit und Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen. Und Minijobs müssen endlich in sozialversicherungspflichtige Arbeit umgewandelt werden.

Die Bundesregierung bekämpft den Niedriglohnsektor jedoch nur verbal und nicht real. Für den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und in Europa ist aber die Glaubwürdigkeit unserer Politik wichtig. Artikel 1 unseres Grundgesetzes schreibt fest, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Deshalb brauchen wir eine „Normalisierung“ der Arbeitsverhältnisse. Die Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können. Und wir brauchen mehr Solidarität und mehr echten Zusammenhalt. Wenn die Tarifpartner unsere Arbeitswelt so nicht mehr gestalten können, dann muss die Politik dafür sorgen.

In der EU sollten alle Menschen ein würdevolles Leben führen können. Deshalb ist die Bekämpfung von Armut, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung so wichtig und verlässliche soziale Rechte sind die Voraussetzung dafür, dass Binnenmarkt und Währungsunion im Interesse der Menschen wirken. Auf dem Sozialgipfel in Göteborg am 17.11.2017 wurde die Europäische Säule Sozialer Rechte proklamiert. EU-Kommission aber auch Mitgliedstaaten haben sich damit das Ziel gesetzt, sich für eine Verbesserung ihrer Sozialstandards einzusetzen. Damit dieses Bekenntnis nun kein leeres Versprechen bleibt und mit verbindlichen Rechtsvorschlägen und nötigen Investitionen umgesetzt wird, darf der Rückenwind und das günstige Zeitfenster in dieser Phase der allgemeinen Reform- und Vertiefungsdiskussionen nicht verpasst werden.

Mehr dazu im Antrag "Für ein Europa das schützt -Soziale Absicherung europaweit garantieren"