Anlässlich des morgigen Internationalen Tages zur Beseitigung der Armut erklären Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für europäische Sozialpolitik, und Uwe Kekeritz, Sprecher für Entwicklungspolitik:
Bundesregierung muss endlich die Vermeidung von Armut engagierter angehen – national, europäisch und weltweit. Die Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen sprechen eine klare Sprache und geben einen deutlichen Rahmen vor. So haben sich die Staaten selbstverpflichtet, bis 2030 extreme Armut weltweit zu beseitigen sowie den Anteil der Menschen, die in Armut nach der jeweiligen nationalen Definition leben, mindestens um die Hälfte zu senken.
In Deutschland liegt die Zahl der in Armut lebenden Menschen seit Jahren auf einem Rekordniveau. Fast 50.000 Menschen müssen sogar auf der Straße leben. Das ist eine Schande für ein so reiches Land. Um Armut hierzulande zu vermeiden, fordern wir eine Kindergrundsicherung, eine Garantierente und die Überwindung von Hartz IV durch eine Garantiesicherung, um das Existenzminimum für alle sicherzustellen und soziale Teilhabe zu schaffen. Außerdem brauchen wir einen bundesweiten Aktionsplan zur Bekämpfung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit.Auch europaweit muss Armut bekämpft werden.
Die Europäische Union hatte sich eigentlich vorgenommen, die Zahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen bis 2020 um 20 Millionen im Vergleich zu 2010 zu senken. Das Ziel droht deutlich zu scheitern – mitverantwortlich ist hier auch die Bundesregierung. Für die EU fordern wir eine Rahmenrichtlinie, die dafür sorgt, dass es in allen Mitgliedstaaten eine Grundsicherung gibt, die vor Armut schützt.
Und auch auf globaler Ebene kommt der Kampf gegen die Armut ins Stocken: erstmals seit der Jahrtausendwende nimmt der Anteil der Armen in einigen Regionen wieder zu. Außerdem hat Armut viele Dimensionen: Unzureichendes Einkommen bedingt weitere Probleme wie Bildungsarmut, schlechte Gesundheit und Mangelernährung. Ein Teufelskreis, der vor allem Frauen trifft.
Gleichzeitig steigt die soziale Ungleichheit fast überall - sowohl innerhalb der Länder als auch zwischen den armen und reichen Staaten. Solange wir die Verteilungsfrage nicht angehen, werden wir Armut nie nachhaltig beseitigen. Hier kommt es vor allem darauf an, endlich wirksam gegen Steuervermeidung durch Reiche und global agierende Konzerne vorzugehen. Armen Staaten gehen in etwa so viel Steuern dadurch verloren, wie global an staatlichen Entwicklungsgeldern bereitgestellt wird. Die Bekämpfung der Klimakrise muss endlich glaubwürdig angegangen werden, denn vor allem die ärmsten Staaten leiden unter den katastrophalen Folgen. Im Handel müssen wir für faire Bedingungen sorgen und zum Beispiel unsere Agrarsubventionen zurückfahren und entlang der gesamten Lieferkette Ausbeutung von Mensch und Umwelt wirksam unterbinden.
Jeder Tag sollte zum internationalen Tag zur Beseitigung der Armut erklärt werden, denn das braucht Deutschland, das braucht Europa, das braucht die Welt.