Zu den neuen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zur Inanspruchnahme der Bildungs- und Teilhabeleistungen erklären Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Sozialpolitik, und Dr. Franziska Brantner, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik:
Das Bildungs- und Teilhabepaket wird seinem Anspruch nicht gerecht, soziale Teilhabe von Kindern aus einkommensschwachen Familien zu ermöglichen. Antragshürden, Unwissenheit und Scham verhindern, dass Kinder nicht die Unterstützung bekommen, die ihnen zusteht. Das Bildungs- und Teilhabepaket bleibt ein Bürokratiemonster mit Verwaltungskosten von knapp 183 Millionen Euro pro Jahr. Die Verpflichtung des Bundes, für das Wohl aller Kinder unabhängig vom Einkommen der Eltern zu sorgen, muss endlich einfach und gerecht umgesetzt werden.
Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde im Jahr 2010 in Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts eingeführt, um den individuellen Rechtsanspruch auf soziale Teilhabe von Kindern aus einkommensschwachen Familien umzusetzen. Es musste umständlich um das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich herumgebaut werden. Das Ergebnis sind hohe Antragshürden für die Leistungsberechtigten und ein überbordender bürokratischer Aufwand für alle Beteiligten. Bürokratischer Aufwand und Ertrag für die betroffenen Familien stehen in keinem Verhältnis zueinander.
Das Bildungs- und Teilhabepaket ist eine Sackgasse und gehört abgeschafft. Stattdessen sollen die Leistungen zum Teil im Regelsatz und zum Teil durch einen kostenlosen Anspruch auf Sachleistungen durch eine verbesserte Infrastruktur gewährt werden. Bis dahin sollte die Höhe der Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaktes den tatsächlichen Bedarfen entsprechend angehoben und durch weniger Bürokratie der Zugang zu den Leistungen vereinfacht werden; dies kann geschehen durch einen Globalantrag, die Abschaffung des Eigenanteils beim Mittagessen und bessere Beratung für die Eltern. Außerdem müssen die Regelsätze für Kinder in der Grundsicherung endlich angehoben werden, so dass die tatsächlichen Bedarfe auch für Teilhabe gedeckt werden. Schließlich braucht es eine sozialpolitische Öffnung des Kooperationsverbotes, damit der Bund eine flächendeckende institutionelle Regelung der Bedarfsdeckung an den Schulen finanziell unterstützen kann.