Rede | 17.05.2017

Soziale Inklusion für alle

Rede anlässlich des Antrags DER LINKEN "Eine erfolgreiche Integrationspolitik erfordert eine soziale Offensive für alle" Drucksache 18/9190 vom 18.05.2017, 234. Sitzung des Deutschen Bundestages

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit! Deutschland geht es sehr gut - ökonomisch. Der Arbeitsmarkt brummt. Die Ökonomie brummt. Das haben Sie richtigerweise gesagt. Auf der anderen Seite muss man aber feststellen, dass der Wohlstand und der Reichtum in Deutschland nicht bei allen ankommen. Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt das sehr deutlich. Die untersten 40 Prozent haben in den letzten 20 Jahren nicht dazugewonnen. Sie haben kein höheres Einkommen. Die Einkommen der Reichsten, die Vermögen der Reichsten sind stark gestiegen. Im Durchschnitt geht es besser, aber die Schere geht auseinander, die Armutsquoten steigen. Die Kinderarmut ist nach dem Armuts- und Reichtumsbericht zum ersten Mal auf über 20 Prozent angestiegen.

(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Hört! Hört!)

Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland hat ein Einkommen unter der Armutsgrenze. Ein Fünftel der Kinder hängen wir also ab. Ähnliche Studien gibt es nicht nur zur finanziellen Dimension, sondern auch zu Bildung und anderen Bereichen. Damit verscherzen wir uns die Zukunft. Wir müssen vor allen Dingen in die Kinder investieren und dafür sorgen, dass Kinderarmut in Deutschland verringert wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE))

Mit Blick auf die Verteilungsfragen, die sich bei uns stellen, müssen wir dafür sorgen und können wir dafür sorgen, dass alle Menschen, die hier leben, selbstbestimmt an der Gesellschaft teilhaben, dass niemand ausgegrenzt wird, damit wir eine bunte, vielfältige, selbstbestimmte Gesellschaft, eine inklusive Gesellschaft haben. Dafür müssen wir arbeiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wäre mal was!)

„Inklusiv“ bedeutet: sowohl für die Menschen, die hier schon länger leben, als auch für die Neuen, die dazugekommen sind.

Viele Probleme, die in dem Armuts- und Reichtumsbericht abzulesen sind, werden sich durch die Menschen, die zu uns kommen, leider kurzfristig verstärken. Wir werden wahrscheinlich einen höheren Anteil im SGB II haben. Wir werden möglicherweise ein Steigen der Armut haben. Mittel- bis langfristig ist die Zuwanderung eine Chance. Aber die Chance werden wir nur dann nutzen können, wenn wir jetzt in die Menschen investieren, wenn wir von Anfang an für Integration und dafür sorgen, dass die Menschen an der Gesellschaft teilhaben können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dafür braucht es einen inklusiven Arbeitsmarkt für alle, damit alle Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Dafür braucht es eine inklusive Bildung für alle Menschen mit Sprachproblemen,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

oder mit anderen Problemen, damit alle in Deutschland Bildungserfolge haben. Und es braucht eine inklusive soziale Sicherung, eine vernünftige Grundsicherung, die das Grundrecht auf Existenzsicherung gewährleistet. Die Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist ein Grundrecht. Das sage ich insbesondere noch einmal in die Richtung der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das muss gewährt werden, und zwar sanktionsfrei. Wir wollen die Sanktionen beim SGB II abschaffen und dass im Asylbewerberleistungsgesetz das Existenzminimum auch gewahrt wird. Der Anfang des Jahres von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf, nachdem die Leistungen gekürzt werden sollen , ist unserer Meinung nach nicht der richtige Weg, sondern wir brauchen eine gleiche Grundsicherung, sowohl für die Menschen, die hier schon leben, als auch für die Menschen, die dazukommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus brauchen wir eine Alterssicherung für alle. Das Prinzip Bürgerversicherung muss für alle gelten.

Wir brauchen eine vernünftige Gesundheitsversorgung für alle, einen Zugang zu Gesundheitsleistungen für die Menschen, die hier schon leben, ohne eine Trennung in die Zwei-Klassen-Medizin, und eine vernünftige Gesundheitsversorgung für die geflüchteten Menschen, die hierherkommen.

Der richtige Ansatz wäre, zu sagen: Inklusion, die alle umfasst, soziale Teilhabe für alle. Deswegen finden wir die Überschrift des Antrages sehr gut. Der Inhalt des Antrages ist jedoch teilweise ein buntes Sammelsurium. Die Rede war noch viel bunter. Da ist alles Mögliche zusammengemengt worden. Das heißt, der Ansatz ist eigentlich richtig, das, was drinsteht, ist jedoch hochgradig problematisch. Deswegen können wir dem Antrag nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten. Aber wir müssen insgesamt alle dafür sorgen, dass wir soziale Teilhabe für alle schaffen.

Vielen Dank.

 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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