Rede im Deutschen Bundestag zu Protokoll vom 02.06.2016 "Meldeverfahren in der sozialen Sicherung"
Nach dem 5. Änderungsgesetz im vergangenen Jahr kommt jetzt das 6. Änderungsgesetz im Vierten Sozialgesetzbuch. Hintergrund ist das vom BMAS beauftragten Projekts „Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung“. Jetzt liegt also das zweite Gesetz zur Umsetzung der Vorschläge vor. Erneut handelt es sich um eine Sammlung von überwiegend kleinteiligen technischen Änderungen. Was die vielen kleinen Schritte angeht zu einer bestmöglichen Optimierung des Meldeverfahrens im Rahmen der sozialen Sicherung zu gelangen, wie auch wieder im vorliegenden Gesetzentwurf, so sehen wir die Bestrebungen der Bundesregierung und der hier eingebundenen Akteure im Großen und Ganzen durchaus positiv - auch wenn bei manchen die Frage gestellt werden könnte, ob wirklich Änderungsbedarf besteht und einzelne Punkte sind problematisch. So schließen wir uns der Einschätzung des Bundesrats an, dass die Möglichkeit der Krankenversicherung und der Unfallversicherung ihre Rücklagen in Aktien anzulegen, zumindest gründlich zu hinterfragen ist und aus dem Gesetzentwurf gestrichen werden sollte. Darüber hinaus sieht zum Beispiel der Deutsche Anwaltsverein „noch erheblichen Nachbesserungsbedarf, um das Ziel der Optimierung der Meldeverfahren in der sozialen Sicherung (OMS) insbesondere in Bezug auf Rechtssicherheit und Verfahrensvereinfachung zu erreichen.“ Auch wir finden, angesichts der großen Ziele wie Bürokratieabbau und Rechtsklarheit ist es kein großer Wurf. Dazu müsste noch an ganz anderen Stellschrauben gedreht werden.
Lassen Sie uns endlich die Bürgerversicherung angehen. Im Bereich der Pflege, Kranken- und Rentenversicherung kann man so eine Harmonisierung innerhalb der Sozialversicherungen herbeiführen. Das würde eine deutliche Vereinfachung darstellen, Sicherungslücken schließen und zu einer sowohl gerechteren als auch nachhaltigeren Absicherung führen. Das gäbe auch Gelegenheit eine Harmonisierung mit dem Steuersystem bekommen. Die unterschiedlichen Regelungen in Steuer- und Sozialrecht über Einkommensbegriffe oder die Frage, wer selbständig ist und wer nicht, führen zu unnötiger Bürokratie und zu Unsicherheit sowohl bei den Betroffenen als auch in der Verwaltung.
Sozialversicherungen können sich schon heute, hinsichtlich der Effizienz ihrer Verwaltung, als recht bürokratiearm bezeichnen. Warum das so ist? Im Gegensatz zu den privaten Versicherungen, und das hören wir ja immer wieder, und das wird auch immer wieder kritisiert, haben wir innerhalb der Sozialversicherungen schon jetzt sehr geringe Verwaltungskosten. Deswegen wollen wir Grünen ja auch ein öffentlich organisiertes Basisprodukt für die Riester-Rente.
Neben einer wirklichen Vereinfachung im Sozialversicherungssystem brauchen wir eine Veränderung im Grundsicherungsbereich. Die Bundesregierung hat mit Ihrem kürzlich vom Kabinett gebilligten Gesetzesentwurf zur „Rechtsvereinfachung“ im SGB II erneut unter Beweis gestellt, dass sie kein Interesse an einer wirklichen Vereinfachung und damit Verbesserung in diesem Bereich hat. Das vorliegende Gesetz ist im Gegenteil sogar bürokratischer, es ist restriktiver und es ist keine Entlastung. Weder für die Jobcenter noch für die Menschen die sich im Grundsicherungsbezug für Arbeitsuchende befinden. Für die Betroffenen ist es an vielen Stellen sogar eine Rechtsverschärfung. Die Bundesregierung hätte die Chance gehabt, ein deutliches Signal in die richtige Richtung zu senden. Bisher hat sie das zu unserem Bedauern leider nicht getan.
Ich habe Ihnen einige Möglichkeiten genannt, wie wir zu einer wirklichen Vereinfachung im Bereich der sozialen Sicherung kommen könnten. Das sind die großen Schritte die Sie leider nicht zu gehen wagen. Das ist bedauerlich.