Rede | 08.07.2016

Abschließende Lesung zum Änderungsgesetz über die Meldeverfahren in der Sozialen Sicherung

Sitzung des Deutschen Bundestages am Donnerstag, den 07.07.2016

Tagesordnungspunkt 27

- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (6. SGB IV-Änderungsgesetz – 6. SGB IV-ÄndG) Drucksache 18/8487

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)
Drucksache 18/9088
- Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 18/9089
(TOP 27, Reden zu Protokoll)

Rede zu Protokoll von Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Bereits seit 2011 führt das BMAS nun schon das OMS-Projekt, das optimierte Meldeverfahren in der sozialen Sicherung durch. Technische und organisatorische Abläufe sollen verbessert werden. Die Datenermittlung zwischen Arbeitgebern und öffentlichen Stellen hinsichtlich der automatisierten Meldungen im Bereich der sozialen Sicherung steht im Zentrum dieses Gesetzentwurfs. Optimierungspotenziale sollten in dieser umfassenden Untersuchung der bestehenden Meldeverfahren gefunden werden. Das kennen Sie ja von uns Grünen: Verbesserungen in Form von Maßnahmen die die Entbürokratisierung voranbringen, begrüßen wir grundsätzlich.

Hoffen wir, dass dieses Gesetz, so es dann in Kraft getreten sein wird, auch hält was es verspricht und was die Damen und Herren der Koalitionsfraktionen schon in der ersten Lesung hier im Plenum anzupreisen sich nicht gescheut haben. Bürokratieabbau den alle spüren: die Arbeitgeber, aber auch die Arbeitnehmer. Der „Erfüllungsaufwand“ reduziere sich demnach für die Bürgerinnen und Bürger um mindestens 315.000 Stunden. Bei mehr als 40 Millionen Beschäftigten – und über 400 Millionen Meldevorgängen pro Jahr hoffen wir, dass die Bürgerinnen und Bürger das auch wirklich spüren. Dann weiter: das Verfahren solle besser, einfacher und günstiger werden. Solange Ihnen hierbei auch immer der Schutz sensibler Daten der Versicherten – Stichwort Datenschutz - ein wichtiges, ja ein ganz zentrales Anliegen bleibt, begrüßen wir auch das als positive Entwicklung. Ob es mit dem vorliegenden Gesetzentwurf weitere 43 Millionen Euro weniger Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft geben wird, ist ebenfalls zu hoffen. Nun habe ich Ihnen einige Hoffnungen mit auf den Weg gegeben, die Sie aus der Koalition ja auch mit dem vorliegenden und heute zu beschließenden Gesetzentwurf verbinden. Das klingt viel, sind aber nur tatsächlich relativ kleine Schritte, aber Schritte in die richtige Richtung.

Aber leider gehen sie an einer Stelle in die falsche Richtung und haben eine Forderung des Bundesrates nicht umgesetzt. Bereits in der ersten Lesung hatte ich an dieser Stelle angemerkt, dass die Möglichkeit der Krankenversicherung und der Unfallversicherung ihre Rücklagen in Aktien anzulegen, zumindest gründlich zu hinterfragen sei und aus dem Gesetzentwurf gestrichen werden sollte. Das sieht die Bundesregierung anders, wie sie in ihrer Gegendarstellung zur Stellungnahme des Bundesrates darlegt. Im parlamentarischen Verfahren ist das durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen sogar noch ausgeweitet worden. Das ist bedauerlich und überhaupt nicht nachvollziehbar.

Wenn nicht nur die Oppositionsparteien, sondern auch der Bundesrat, der zu Recht auch wie ein Kontrollorgan unserer Gewaltenteilung agiert, hier berechtigte Skepsis anmeldet, so sollte auch die Bundesregierung gelegentlich über Ihren Schatten springen und sich die geäußerten Sorgen anhören und in diesem Fall am besten sogar „erhören“. Der Wunsch des Bundesrates war hier, die geplanten Änderungen aufgrund der auseinandergehenden Meinungen, im Rahmen eines separaten Gesetzesentwurfs ausführlicher zu diskutieren. Der Unwillen scheint hier aber größer zu sein, als das Bedürfnis einen wirklich guten Gesetzesentwurf auf den Weg zu bringen.

Wie schon bei der ersten Lesung hier im Plenum kann ich mich nur gut und gerne wiederholen wenn ich sage: Dieser Gesetzentwurf ist kein großer Wurf, er dreht ein wenig an vorhandenen Stellschrauben, die vielleicht Verbesserungen im Sinne von Entbürokratisierungstendenzen und Vereinfachungen mit sich bringen. Deswegen werden wir uns diesem Gesetzentwurf auch nicht versperren, sondern hier zustimmen. Nichtsdestotrotz, und auch das wiederhole ich gerne erneut an dieser Stelle, lassen Sie uns endlich die großen Projekte innerhalb der sozialen Sicherung angehen: die Bürgerversicherung z.B. oder auch eine Grundsicherungsreform die hält was sie verspricht und sowohl angstfreie Existenzsicherung als auch Teilhabe am gesellschaftlichen Leben möglich macht. Dafür mache ich mich, gemeinsam mit meiner Fraktion stark. Wenn Sie an einer konstruktiven Zusammenarbeit interessiert sind, dürfen Sie sehr gerne auf uns zukommen. Dann machen wir gemeinsam den großen Wurf. Herzlichen Dank!