Antwort kleine Anfrage | 28.02.2017

Kindergeldzahlungen an Unionsbürgerinnen und Unionsbürger

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will den Kindergeld-Anspruch von EU-Ausländern kürzen, deren Kinder im Heimatland leben. Das Kindergeld soll sich an den tatsächlichen Lebenshaltungskosten dort orientieren. Beispielsweise erhielten dann Eltern, deren Kinder weiterhin in Polen, Rumänien, Bulgarien oder Kroatien leben, nur noch anteilige Zahlungen erhalten.

Diese Bericht veranlassten die Grüne Bundestagsfraktion zu einer Kleinen Anfrage um Betroffenenzahlen, Einsparmöglichkeiten und dem Verwaltungsaufwand auf den Zahn zu fühlen:

Die Antworten finden Sie hier: http://dserver.bundestag.btg/btd/18/113/1811340.pdf

Auszug:

Drucksache 18/11340

18. Wahlperiode

28.02.2017

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Lisa Paus, Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11130 – Kindergeldzahlungen an Unionsbürgerinnen und Unionsbürger

Vorbemerkung der Fragesteller Der – damalige – Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, hat im Dezember 2016 gefordert, das Kindergeld für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Kinder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union leben, an das Lebenshaltungsniveau des jeweiligen Aufenthaltsstaats des Kindes anzupassen (www.faz.net/aktuell/wirtschaft/gabriel-will-kindergeldfuer-eu-auslaender-kuerzen-14578847.html <24. Januar 2017>). Aus Sicht der fragestellenden Fraktion ist dieser Vorschlag mit unionsrechtlichen Vorgaben schwerlich zu vereinbaren. Nach Artikel 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ob eine Änderung dieser Vorschrift mit dem Primärrecht der Europäischen Union – insbesondere der Arbeitnehmerfreizügigkeit – vereinbar wäre, ist zweifelhaft. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat nämlich 1986 entschieden, dass Artikel 48, 51 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (heute: Artikel 45, 48 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) der in der Vorgängerverordnung zugunsten von Frankreich vorgesehene Möglichkeit, Familienleistungen auf das Leistungsniveau des Staates abzusenken, in dem das Kind seinen Wohnsitz hat, entgegenstehe (EuGH, Urt. v. 15. Januar 1986, Rs. 41/84 – Pinna). Darüber hinaus wirft der Vorschlag die Frage auf, ob sich der mit seiner Umsetzung absehbar einhergehende Verwaltungsaufwand angesichts des in nicht wenigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union deutlich über deutschem Niveau liegenden Lebenshaltungsniveaus finanziell überhaupt lohnt. Jedenfalls hält die fragestellende Fraktion den Vorschlag für ein europapolitisch verfehltes Signal. 

Weiter zu den Fragen und Antworten geht es hier: http://dserver.bundestag.btg/btd/18/113/1811340.pdf

 

 

Pressemitteilung | 10.02.2017

Anlässlich des Vorschlags des Finanzministers Schäuble die Kindergeldregelungen für EU-Bürger zu ändern, erklären Franziska Brantner, Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik und Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Sozialpolitik - beide sind Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union:

Es ist schon sehr erstaunlich, dass sich der überzeugte Europäer Wolfgang Schäuble jetzt dazu treiben lässt, auf diesen Zug aufzuspringen. Die EU-Kommission hat bereits klargestellt, dass sie beim Thema Verrechnung des Kindergelds  keinen Handlungsbedarf sieht. Es steht zu befürchten, dass eine solche mit hohem bürokratischen Aufwand verbundene Maßnahme  in keinem Verhältnis zu den Erträgen stünde. Das Signal, das indes dadurch gesendet würde, ist fatal. Deutschland reiht sich ein in jene Gruppe von Staaten, die die Freizügigkeit in der EU - vorsichtig gesagt - kritisch sehen. Und was passiert eigentlich mit Kindern von Deutschen, die in EU-Staaten leben, wo der Lebensstandard noch höher ist als bei uns?