Antrag mit der Drucksachennr. 18/10473 gibt es hier: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/104/1810473.pdf
Deutschland ist ein reiches Land. Trotzdem wächst eine große Zahl Kinder und Jugendlicher in Armut auf. Nicht dabei zu sein, wenn die Freundinnen zusammen ins Kino gehen, und sich am nächsten Morgen möglichst unauffällig zu benehmen, wenn über das gemeinsam Erlebte gesprochen wird. Die Blicke der anderen zu spüren, wenn zu Beginn des neuen Schuljahrs der Ranzen immer noch der alte ist. Armut tut weh und grenzt aus. Wenn Eltern arbeitslos sind oder zu wenig verdienen, um auch für die Kinder sorgen zu können, wachsen diese unter Bedingungen auf, die ihre Entwicklung nicht fördern. In Deutschland gibt es eine Vielzahl von materiellen Leistungen für Kinder. Dazu zählen insbesondere das Kindergeld und die Kinderfreibeträge, die im Einkommensteuerrecht geregelt sind, das Sozialgeld, das im Sozialgesetzbuch II geregelt ist, und der Kinderzuschlag. Trotz allem sind Kinder und ihre Familien in unserem Land überdurchschnittlich von Armut bedroht. Trotz jahrelanger Evaluation der Ehe- und Familienförderung hat die Bundesregierung das Problem bis heute nicht wirklich in Angriff genommen. Die Erhöhung des Kinderzuschlags bleibt ein Tropfen auf den heißen Stein. Die überfällige Ausweitung des Unterhaltsvorschusses hat die Union vorerst gestoppt, da die Bundesregierung die Finanzierung nicht geklärt hat. Die Bekämpfung der Kinderarmut ist kein Anliegen der Großen Koalition. Kinderarmut muss in Deutschland endlich der Vergangenheit angehö- ren. Doch seit Jahren tut sich nichts. Besonders gefährdet sind Alleinerziehende wie auch Familien mit drei und mehr Kindern. Im Bundesdurchschnitt sind 57,2 Prozent der armen Kinder im Alter von sieben bis 15 Jahren mehr als drei Jahre auf staatliche Unterstützung angewiesen. Studien zeigen, dass andauernde Armutserfahrungen sich besonders negativ auf Teilhabe, Gesundheit und die Entwicklung von Kindern auswirken.
So haben Kinder aus sozial benachteiligten Familien ein größeres Risiko zu erkranken, leiden häufiger unter psychischen Auffälligkeiten oder werden Opfer von Gewalt. Ungleich sind auch weiterhin die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Sie hängen noch immer stark von der sozialen Lage der Eltern ab. Zwar hat sich seit PISA 2000 einiges verbessert, aber noch immer ist die Gruppe der Jugendlichen, die die Schule ohne Abschluss verlassen oder auch mit einem Hauptschulabschluss kaum Chancen auf einen Ausbildungsplatz hat, viel zu groß. Noch immer nimmt die soziale Ungleichheit im Laufe der Bildungskette sogar zu: von der Kita bis zum Studium wird es für Kinder und Jugendliche aus wirtschaftlich schwächer gestellten Herkunftsfamilien mit jedem Schritt schwerer. Das darf nicht so bleiben.
Um soziale Teilhabe von Kindern zu erreichen, braucht es eine effektive Strategie, die aus einer aufeinander abgestimmten Kombination von unterstützenden Kitas, Schulen oder Jugendeinrichtungen sowie Geldleistungen bestehen muss. Das beste Mittel gegen Kinderarmut bleibt nach wie vor die Erwerbstätigkeit beider Eltern. Kinder sollten jedoch in keinem Fall die Leidtragenden der Einkommensarmut ihrer Eltern werden. Unabhängig von Herkunft und Geldbeutel der Eltern sollten alle Kinder die gleiche Chance haben, ihr Leben auf einer gesicherten finanziellen Basis selbst zu gestalten. Die Förderung von Kindern und Familien muss einfacher und übersichtlicher werden; Leistungen sollten daher zusammengeführt und automatisch ausbezahlt werden. Hier und jetzt müssen daher Maßnahmen ergriffen werden, die die Folgen von Armut lindern und mehr Gerechtigkeit schaffen. Auf diese konzentriert sich der vorliegende Antrag.
Auszug aus:
"Familien stärken – Kinder fördern"
Antrag der Abgeordneten Katja Dörner, Kerstin Andreae, Dr. Franziska Brantner, Lisa Paus, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Ekin Deligöz, Ulle Schauws, Kordula Schulz-Asche, Doris Wagner, Beate Walter-Rosenheimer, Kai Gehring, Maria Klein-Schmeink, Tabea Rößner, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald Terpe, Britta Haßelmann, Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Corinna Rüffer, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN