Wahlfreiheit bedeutet, dass Menschen die Wahl haben, sie brauchen Wahlmöglichkeiten, zwischen denen sie sich selbstbestimmt und frei entscheiden können. Für Eltern bedeutet das einerseits die Art und Weise des Zusammenlebens: verheiratet, nicht verheiratet, mit einer Partnerin oder einem Partner gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts oder auch allein erziehend. Dafür braucht es insbesondere rechtliche Rahmenbedingungen für die sozialen und biologischen Eltern des Kindes, um die Lebensform frei wählen zu können, damit nicht die eine Lebensform gegenüber einer anderen benachteiligt wird. Andererseits bedeutet Wahlfreiheit auch mehr Freiheit bezüglich des Umfangs der Erwerbstätigkeit. Diese Freiheit ist heute in beide Richtungen eingeschränkt.
Einerseits wollen viele Eltern, vor allem Mütter, (mehr) erwerbstätig sein, können das aber nicht, weil entsprechende Kinderbetreuungsmöglichkeiten fehlen. Um Wahlfreiheit in dieser Richtung zu erhöhen, braucht es den Ausbau von Kindertagesstätten und Kindergärten. Das ist nicht nur eine Frage der Quantität, sondern vor allem der Qualität. Wenn Väter oder Mütter sich entscheiden können sollen, ob sie erwerbstätig sind und wenn ja wieviel, muss gewährleistet sein, dass die Kinder zeitlich so betreut werden, dass es zur Arbeitszeit passt, und die Qualität der Kinderbetreuung muss so gut sein, dass die Betreuung durch eine Einrichtung eine echte Alternative zur eigenen Betreuung ist.
Andererseits wollen viele Eltern, Väter wie Mütter, aber auch - aus guten Gründen, nämlich um mehr Zeit für die Kinder zu haben – die Freiheit haben, ihre Erwerbstätigkeit zu reduzieren oder gar nicht erwerbstätig zu sein. Diese Wahlfreiheit ist ebenfalls eingeschränkt. Vor allem aus finanziellen Gründen müssen viele Väter und Mütter erwerbstätig sein oder zumindest mehr erwerbstätig als sie eigentlich wollen. Um mehr Wahlfreiheit zu ermöglichen, müssen die finanziellen Hürden abgebaut werden, um es auch Vätern und Müttern mit weniger eigenem Einkommen zu ermöglichen, weniger oder gar nicht erwerbstätig zu sein. Es gibt darüber hinaus weitere, insbesondere kulturelle Hürden. So ist es vor allem für Väter nach wie vor häufig nicht gesellschaftlich akzeptiert, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit reduzieren oder sogar aufgeben, um sich um ihre Kinder zu kümmern. Zum Teil werden aber auch Mütter in Teilen der Gesellschaft schief angesehen, wenn sie nicht erwerbstätig sind. Bei Vätern ist das, abgesehen von den zwei „Vätermonaten“, hingegen kaum akzeptiert.
Es sollte normal sein, wenn Väter und Mütter erwerbstätig sind, aber es sollte auch normal sein, wenn Väter und Mütter nicht erwerbstätig sind, und beides sollte durch finanzielle, arbeitsrechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen ermöglicht werden.
Die Freiheit hat aber auch Grenzen. So sind die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass einerseits die Freiheit der Eltern nicht zu Lasten des Kindes bzw. der Kinder geht und andererseits nicht Anreize entstehen, die einseitig zu Lasten der Mütter und der Geschlechtergerechtigkeit gehen.
Die Interessen von Kindern sind vielfältig. Kinder brauchen Zeit mit ihren Eltern, die sie heute oft nicht in ausreichendem Maße haben. Kinder brauchen aber auch soziale Kontakte außerhalb der Familie. Kinder müssen und wollen lernen, insbesondere soziale und sprachliche Kompetenzen sind dabei wichtig. Last not least brauchen Kinder viel Freiraum zum Spielen. Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, ist es nicht ausreichend, dass eine Betreuung vorhanden ist, sondern die Qualität der Betreuung ist von entscheidender Bedeutung. Denn jedes Kind ist anders und jedes Kind hat andere Bedürfnisse. In der öffentlichen Debatte wird darüber hinaus oft vergessen, dass eine Betreuung außerhalb der Familie eine Voraussetzung dafür ist, dass Eltern dann in der Zeit, in der die Kinder zu Hause sind, mehr Zeit für ihre Kinder haben. In der Zeit, in der die Kinder betreut werden können sich die Eltern um andere Dinge kümmern: um den Haushalt, um Erwerbstätigkeit oder um sich selbst. Die Frage ist also nicht, ob die Kinder zu Hause betreut werden oder in Einrichtungen zusammen mit anderen Kindern. Beides ist für Kinder wichtig.
Es ist immer noch üblich, dass Väter Vollzeit erwerbstätig sind und Mütter maximal Teilzeit, häufig nur geringfügig oder gar nicht. Das ist eine wichtige Ursache von Einkommensdiskriminierung von Frauen, auch von Frauen, die keine Kinder haben oder haben wollen. Für diese geschlechtsspezifische Arbeitsteilung gibt es außer der Stillzeit keine biologischen Gründe. Vielmehr sind dafür neben gesellschaftlichen Rollenbildern insbesondere ökonomische Anreize für verantwortlich, die durch die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen noch verstärkt werden. Deswegen müssen die politischen Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass diese ökonomischen Anreize abgebaut werden und stattdessen mehr Möglichkeiten und Anreize geschaffen werden, dass sich Väter mehr um ihre Kinder kümmern können. Das ist eine zentrale Voraussetzung dafür wie wir es hinkriegen, mehr Wahl-Freiheit für die Eltern mit dem Ziel „Mehr Zeit für Kinder“ und mehr Geschlechtergerechtigkeit zu verbinden.