Zum Bericht des Staatssekretärsausschuss erklären Volker Beck, Sprecher für Innenpolitik, und Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Sozialpolitik:
Nicht ein Anschlag auf die EU-Freizügigkeit, sondern eine Unterstützung der Kommunen mit besonderen Integrationsherausforderungen ist jetzt das Gebot der Stunde! Es gibt kein Problem bei der Freizügigkeit, sondern im ressentiment-geladenen Umgang damit! Der Staatssekretärsausschuss sollte die Debatte um die Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch EU-Bürger versachlichen, in der es lediglich die Unsachlichkeiten der CSU gab. Im Staatssekretärsausschuss wurden folglich die Böcke zum Gärtner gemacht. In der Folge werden wieder Ressentiments geschürt statt Lösungen für die wirklichen Probleme zu präsentieren.
Ein Missbrauch lässt sich nur in vereinzelten Fällen nachweisen. Dies zeigte beispielsweise eine Kleine Anfrage im bayerischen Landtag, in der die bayerische CSU-Alleinregierung zugeben musste, dass es lediglich 10 Fälle von Sozialleistungsbetrug unter Rumänen und keine unter Bulgaren gab. Zweifelsohne stehen wir in einigen wenigen Städten (Mannheim, Berlin, Duisburg, Offenbach u.a.) vor großen Herausforderungen. Diese ließen sich aber einfacher bewältigen, wenn die Hürden für den Zugang zu Integrations- und Eingliederungsmaßnahmen nicht so hoch wären. Aufgrund der fehlenden sozialen Unterstützung werden Menschen, die vor Armut und Unterdrückung in ihren Heimatländern fliehen, in die Schwarzarbeit gedrängt.
Häufig landen sie in unwürdigen Wohnverhältnissen und werden Opfer von Ausbeutung. Ihre Not wird ausgenutzt, von skrupellosen Arbeitgebern und Vermietern, zum Teil auch von eigenen Landsleuten. Soziale Mindeststandards müssen auch unabhängig von der Gewährung Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld durchgesetzt werden: Das betrifft die Bereiche Beschulung und Durchsetzung der Schulpflicht, Kinderbetreuung, Sprachvermittlung, die Wohnraumversorgung, Obdachlosenunterbringung, Gesundheitsversorgung und medizinische Notfallversorgung.
Den Menschen muss geholfen werden, damit sie hier in Würde leben und Teil unserer Gesellschaft werden können. NRW hat hier vorbildlich mit dem Wohnungsaufsichtsgesetz die Probleme der Unterbringung von Armen in Schrottimmobilien den Kampf angesagt.
Dafür aber brauchen die Kommunen vor allem finanzielle Unterstützung. Es handelt sich bei den betroffenen Städten häufig um solche, die ohnehin mit vielfältigen sozialen Herausforderungen zu zutun haben. Eine Politik, der nur eine Beschränkung der Freizügigkeit und Begrenzung von Zugängen zu Sozialhilfen einfällt, ist nicht hinnehmbar. Die Idee von Wiedereinreiseverboten entwertet den Gedanken der Freizügigkeit als zentralen europäischen Gedanken – der nicht nur für Waren, Güter und Dienstleistungen, sondern eben auch für Menschen innerhalb der Europäischen Union gilt. Die Vorschläge, das Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche zu begrenzen, das unrechtmäßige Erlangen einer Aufenthaltsgenehmigung unter Strafe zu stellen, sind reine Makulatur und bringen gar nichts.