Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschäftigungssicherung infolge der COVID-19-Pandemie (Beschäftigungssicherungsgesetz – BeschSiG)
Drucksache 19/23480
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesen unsicheren ökonomischen Zeiten ist es sehr richtig, dass der vereinfachte Zugang zum Kurzarbeitergeld verlängert wird. Das ist wichtig für die Sicherheit der Beschäftigten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
In dem Gesetzentwurf, der heute vorliegt, geht es aber gar nicht darum, sondern es geht um drei konkrete Detailregelungen, an denen wir Kritik üben.
Erster Punkt ist die Verlängerung der Aufstockung des Kurzarbeitergeldes nach einer gewissen Zeit: nach drei Monaten um 10 Prozentpunkte und nach sechs Monaten um 20 Prozentpunkte. Das ist aber viel zu spät; denn die Menschen brauchen schon ab dem ersten Tag einen Aufschlag auf das Kurzarbeitergeld.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN - Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): So ist es!)
Für Menschen, die ein geringes Einkommen haben, sind 70 Prozent oder 80 Prozent Kurzarbeitergeld viel zu wenig. Deswegen haben wir vorgeschlagen, keine zeitlich gestaffelte Erhöhung vorzunehmen, sondern eine nach dem Einkommen gestaffelte Erhöhung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Damit bekommen gezielt Menschen mit mittleren und kleinen Einkommen ein Kurzarbeitergeld, das existenzsichernd ist: mit Mindestlohn 90 Prozent. Diejenigen mit höherem Einkommen brauchen keine 70 Prozent, 80 Prozent oder 90 Prozent, wie die Linken es fordern. Es müssen vielmehr gezielt die unteren und mittleren Einkommen unterstützt werden.
(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Das sehen wir anders!)
Zweiter Punkt. Sie verschlechtern die Ausnahmeregelungen bei den Hinzuverdienstmöglichkeiten und begrenzen das auf Minijobs. Warum eigentlich? Es wäre doch besser, wenn die Hinzuverdienstmöglichkeiten nicht bei 450 Euro begrenzt würden, sondern die alte Regelung einfach fortgeführt würde.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dritter Punkt. Es ist gesagt worden: Es wird der Anreiz für Weiterbildung verbessert. - Ja, das ist richtig, aber erst ab Juli 2021. Wie bescheuert ist das denn? Wir brauchen jetzt Anreize für mehr Weiterbildung! Wir brauchen jetzt eine Qualifizierungsoffensive!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir Grünen haben entsprechende Vorschläge gemacht: Führen Sie einen Weiterbildungsbonus ein! Zahlen Sie zusätzlich zum Arbeitslosengeld und zum Kurzarbeitergeld 200 Euro, wenn eine Weiterbildung gemacht wird. Das wäre ein Anreiz, der sofort wirken würde.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und: Wir brauchen eine Qualifizierungskurzarbeit, damit die Menschen in dieser Zeit wirklich etwas Neues lernen können. Wir brauchen also eine echte Qualifizierungsoffensive, die verbunden wird mit Kurzarbeitergeld und mit dem Arbeitslosengeld, damit die Menschen besser aus dieser Krise herauskommen, damit sie fit gemacht werden für die Zukunft und somit bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte ganz kurz noch zwei Punkte ansprechen, die in dem Gesetzentwurf nicht enthalten sind. Wir brauchen nicht nur eine Verlängerung beim Kurzarbeitergeld, sondern wir müssen auch die Sonderregelung beim Arbeitslosengeld verlängern, damit die Menschen nicht durch die Coronakrise in den Bezug von Arbeitslosengeld II abstürzen. Auch das muss dringend verlängert werden.
(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE))
Last, but not least: Schaffen Sie endlich eine einfache, unbürokratische Leistung, damit für die Selbstständigen zumindest das Existenzminimum gesichert ist! Das ist als Ergänzung dringend nötig.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)