03.07.2020

Sofa-Hopping ist keine Alternative – Strategien gegen Wohnungslosigkeit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Wohnungslosigkeit bei jungen Menschen ist ein Thema über das in der Öffentlichkeit nicht viel bekannt ist. Dabei sind sie davon immer häufiger betroffen. Expert*innen gehen davon aus, dass durch „versteckte“ Wohnungslosigkeit, sogenanntes „Sofa-Hopping“, eine hohe Dunkelziffer existiert. Das bedeutet, dass viele junge Menschen nicht obdachlos sind, also auf der Straße leben, sondern bei Freunden, Bekannten oder Verwandten unterkommen und dadurch in ungesicherten Wohnverhältnissen leben. Oft entstehen so Abhängigkeits- und sogar Ausbeutungsverhältnisse.

Weg in die Wohnungslosigkeit

Der Weg in die Wohnungslosigkeit ist meist ein längerer Prozess. Die persönlichen Ursachen sind vielfältig, oft gibt es Hinweise auf „schwierige“ Biografien, traumatische Erfahrungen im Elternhaus und ein fehlendes unterstützendes Umfeld.

Verschiedene Gruppen sind besonders betroffen: lesbisch, schwule und trans Jugendliche, junge Geflüchtete, junge Erwachsene, die aufgrund ihrer Volljährigkeit zu früh aus der Jugendhilfe „fallen“, sogenannte Care Leaver oder auch junge Menschen mit abgebrochenen oder erschwerten Schul- oder Ausbildungswegen. Den größten Anteil innerhalb der Gruppe der wohnungslosen jungen Menschen stellen mit 64 Prozent die 18- bis 24-Jährigen. Zu diesem Befund passt, dass in dieser Altersgruppe immerhin jede*r Vierte als armutsgefährdet gilt. Sie können ohne finanzstarke Eltern im Hintergrund die Kosten für eine hohe Miete in den Groß- und Unistädten oft nicht aufbringen.

Wohnungslosigkeit verhindern und bekämpfen

Wir Grüne im Bundestag wollen, dass alle jungen Menschen gut und mit den gleichen Chancen ins Erwachsenenleben starten können. In unserem Antrag schlagen wir ein ganzes Paket an Maßnahmen und Instrumenten vor, um die Situation betroffener junger Menschen zu verbessern. Deshalb wollen wir eine Kindergrundsicherung einführen, um Kinder- und Jugendarmut nachhaltig zu bekämpfen. Und deshalb wollen wir auch für mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung sorgen, damit möglichst alle jungen Menschen einen Schulabschluss und somit sicherere Berufsperspektiven erhalten. Ein Schul- und Berufsabschluss ist die beste Versicherung gegen spätere Arbeits- oder Wohnungslosigkeit.

Altersgrenze in der Jugendhilfe muss erhöht werden

Da die Jugendhilfe am besten auf die Bedürfnisse der Jugendlichen eingehen kann, muss sie Vorrang vor den anderen Leistungen der Hilfesysteme haben und das nicht nur bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, sondern auch darüber hinaus. Deshalb fordern wir die Erhöhung der Altersgrenze in der Jugendhilfe bis zum 25. Lebensjahr. Und wir wollen auch ein Recht auf Rückkehr in die Jugendhilfe nach dem 18. Geburtstag, damit junge Menschen die Unterstützung bekommen, die sie wirklich weiter bringt. Für junge Geflüchtete müssen die Hemmnisse beim Zugang zur Jugendhilfe, die speziell für unbegleitete, minderjährige und junge, erwachsene Geflüchtete gelten, beseitigt werden.

Offensive für mehr bezahlbaren Wohnraum

Ein weiteres Instrument zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit sehen wir darin, dass ausreichend bezahlbarer Wohnraum für Jugendliche und junge Erwachsene in Schule, Studium, Ausbildung und Start in den Beruf geschaffen wird. Wir wollen deshalb eine Offensive für mehr Wohnheimplätze für junge Menschen in Studium und Ausbildung starten.

Um der komplexen Situation von Wohnungslosigkeit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen gerecht werden zu können, braucht es eine zielgenaue Erfassung ihrer verschiedenen Erscheinungsformen. Deshalb wollen wir, dass die Situation wohnungsloser Jugendlicher und junger Erwachsener in der die Statistik begleitenden Wohnungslosenberichterstattung  angemessen berücksichtigt wird. Denn nur so können nachhaltige Maßnahmen für die Prävention und die Unterstützungssysteme weiterentwickelt werden.

Eines ist klar: Wohnungslosigkeit ist eine extreme Form sozialer Ausgrenzung, die die Entwicklung und die Lebensperspektive junger Menschen nachhaltig schmälert, deshalb ist es eine politische und gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ihr konsequent entgegenzuwirken.