
Das vorgelegte Gesetz ist eine verpasste Chance. Dabei wäre eine Vereinfachung und Entbürokratisierung der Grundsicherung gerade jetzt notwendiger denn je. Das Grundsicherungssystem ist zu einem wahren Dschungel geworden, durch den kaum noch jemand durchschaut. Das ist für die Betroffenen ein Problem wie auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern. Viel zu viele Ressourcen werden für Verwaltung und Bürokratie verschwendet, die sinnvoller zur Arbeitsvermittlung und sozialer Unterstützung eingesetzt werden könnten. Statt die Grundsicherung grundlegend zu vereinfachen, besteht der Gesetzentwurf aus einem Bauchladen von kleineren Veränderungen, die teilweise sogar eher Rechtsverschärfungen als Rechtsvereinfachungen sind. Es wird viel verändert, aber wenig vereinfacht.
Etappen des Gesetzentwurfs
- Sommer 2014: Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern legt eine Liste mit Vorschlägen vor. Es soll mehr Zeit für die Vermittlung geben und weniger Zeitverschwendung für den Bürokratieaufwand und auch Abmilderung bei den Sanktionen stehen darin.
Die grüne Bewertung der Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe gibt es hier.
- Das Warten auf einen Referentenentwurf als Diskussionsgrundlage für das mögliche Gesetz dauert lang. Der Hauptstreitpunkt sind die Sanktionen. Wer Termine schwänzt oder eine angebotene Arbeit ablehnt, dem können große Teile vom Regelsatz - für Alleinstehende heute 404 Euro - gestrichen werden. Vermittler dürfen Unter-25-Jährigen schon nach dem ersten groben Verstoß für drei Monate verwehren. Die CSU-Position setzt sich durch: Im Februar 2016 kommt der Gesetzentwurf ohne Erleichterungen bei den Sanktionen ins Kabinett.
Die grüne Bewertung zum Gesetzentwurf gibt es hier.
- Im April 2016 legt die grüne Bundestagsfraktion einen eigenen Antrag vor: "Grundsicherung einfacher und gerechter gestalten - Jobcenter entlasten"
- Am 30. Mai 2016 haben Experten und Verbände das Wort: Die Gesetzespläne werden im Bundestag in öffentlicher Anhörung erörtert. Nur wenige loben manche Vereinfachungen - Wissenschaftler, Verbände und Praktiker sparen nicht mit Kritik.
Zum Protokoll der Anhörung geht es hier.
- Am 20.06.2016 - kurz vor der abschließenden Beratung im Arbeits- und Sozialausschuss legen die Regierungsfraktionen einen 17-seitigen Änderungsantrag vor. Die möglichen Härten für Ältere und Alleinerziehende sind darin gestrichen - aber grundsätzliche Verbesserungen gibt es keine. Den Änderungsantrag von CDU/CSU und SPD gibt es hier.
- Am Mittwoch, den 22.06.2016 wurde der Gesetzentwurf und der Änderungsantrag von CDU/CSU und SPD mit den Stimmen dieser Fraktionen beschlossen.
- Die grüne Bundestagsfraktion hat am 22.06.2016 einen Änderungsantrag vorgelegt, der konkret auf Verbesserungen bei den Sanktionen für die Betroffenen abzielt. Drucksache: 18/8923
- Am 23.06.2016 wird das Verfahren im Deutschen Bundestag mit der 2. Lesung abgeschlossen.
Zum Protokoll der Sitzung geht es hier. Zur Rede von Wolfgang Strengmann-Kuhn geht es hier.